„Alles muss repariert werden“

Antilopen Gang – 15.02.2025, 20:00 Uhr, Kulturzentrum Schlachthof

Die Antilopen Gang geht mit ihrem frisch veröffentlichten Hip-Hop/Punk-Doppelalbum auf Tour und tritt im Februar im Kulturzentrum Schlachthof auf.

Foto: Danny Kötter

Bremen. 15 Jahre Antilopen Gang, das heißt auch 15 Jahre Antilopen’sche Dialektik, 15 Jahre „verkrampftes Verhältnis zum Wir“, 15 Jahre Musik „für wenige, wir werden immer weniger“. Am 28. Todestag von Tupac Shakur, noch dazu einem Freitag, den 13., wird dieses Jubiläum heute gebührend gefeiert: Mit einem in vielerlei Hinsicht partycrashenden Hälfte-Rap-Hälfte-Punk Doppelalbum. „Alles muss repariert werden“ ist ein undogmatisches Manifest gegen Traditionen und Beständigkeiten, gegen Traumtänzertum, Schönmalerei und nicht zuletzt gegen alle anderen Bands. Es kombiniert das über weite Strecken bleischwer-resignierte, trotzdem oder gerade deshalb großartige, mindestens siebte Hip-Hop-Album einer Hip-Hop-Crew, die dem Hip-Hop womöglich längst überdrüssig geworden ist, mit dem jugendlich-unbeschwerten, nicht weniger großartigen Punkrock-Debüt einer Band, die plötzlich wieder klingt, als hätte sie frisch zueinander gefunden.

Das Werk beginnt mit der – nicht zuletzt in ihrem Nihilismus – beachtlich stringenten Rap-Platte. Über zehn Songs hinweg malen Danger Dan, Koljah und Panik Panzer darauf den Teufel an die Wand – in den düstersten Farben und frei nach dem Motto: „Es gibt nichts zu retten, es ist wie einen Ozean anbeten und hoffen, dass die Wogen sich glätten“. Diese Welt ist am Arsch und nicht zu reparieren, „jede Utopie ist tot“, jedweder Optimismus schlichtweg unangebracht – das ist die zentrale Botschaft fast aller Rap-Songs auf „Alles muss repariert werden“.

Am Ende der Rap-Platte steht mit „Wenn das hier vorbei ist“ ein Song, der unmissverständlich mit dem Motiv Abschied spielt – bezeichnenderweise kommt an dieser Stelle fast schon so etwas wie gute Stimmung auf. Würde „Wenn das hier vorbei ist“ den Schlusspunkt des Doppelalbums markieren, läge der Gedanke nahe, dass die Messen gelesen sind und das 15. Jahr in der Antilopen-Geschichte das finale sein könnte. Wäre da nicht noch dieses zweite Album, dieses Punk-Album, das antilopentypisch mit allem bricht, was bisher geschah. Denn: Als die Antilopen Gang im Spätherbst 2023 – man hatte sich gerade von der bahnbrechenden Erfolgsgeschichte „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ erholt – wieder im Studio zusammenfand, ist parallel zu misanthropisch-verkopften Rap-Songs eben auch eine Albumladung vollwertiger Punkrock-Brecher entstanden.

Dass es irgendwann zu einer von Schrammelgitarren getragenen Antilopen-Platte kommen müsste, war eigentlich seit 15 Jahren klar: Danger Dan, Koljah und Panik Panzer konnten und wollten sich noch nie zwischen New Era-Cap und Sex Pistols-Shirt entscheiden, haben jahrelang Hip-Hop-Platten über das Label der Toten Hosen veröffentlicht und schon 2017 diverse Punk-Legenden auf dem Bonusalbum „Atombombe auf Deutschland“ versammelt.

Jetzt also ein ganzes Punk-Album, das allein deshalb unverzichtbar ist, weil es ein eskapistisches, auflockerndes Gegengewicht zum vorangestellten ersten Teil des ambivalenten Gebildes „Alles muss repariert werden“ darstellt. Wo gerade noch Verzweiflung war, wird jetzt offensiv die Verdrängungstaktik praktiziert, wo Gags eben noch unangebracht wirkten, stehen sie nun im Vordergrund, wo fast zu viel Substanz war, sind plötzlich auch Plattitüden erlaubt, wo klangschön-sinistre Samples ertönten, schrubben plötzlich dünne, verstimmte, analog eingespielte Gitarren.

Danger Dan, Koljah und Panik Panzer haben stilgerechte, zeitlose Punkrock-Songs vorgelegt. Das ist die große Stärke des Antilopen-Punkrock-Debüts: Diese Platte ist glaubwürdig, muss sich vor der „echten“ Jetztzeit-Punkszene mitnichten verstecken, ist weder klischeehafte Parodie noch schnödes Crossover-Experiment. „Alles muss repariert werden“ bündelt die komplette, im Laufe der letzten 15 Jahre gewachsene Essenz des Antilopen-Kosmos. In seinen todernsten und witzigen, seinen sanften und spitzen, seinen politischen und albernen, seinen lauten und leisen Momenten. Das Doppelalbum ist heute, am 13. September 2024, auf dem bandeigenen Label Antilopen Geldwäsche erschienen.

Am Samstag, den 15. Februar tritt die Antilopen Gang in Bremen im Kulturzentrum Schlachthof auf. Tickets für das Konzert gibt es im Vorverkauf.

 


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