Rocken am Brocken 2015 – drei Tage Festivalurlaub im Harz
Entspannt, tanzbar, idyllisch und einfach schön: Wir sind noch immer begeistert vom Rocken am Brocken Festival, das letztes Wochenende im Harz stattgefunden hat.

Elend bei Sorge. Rund 4000 Besucher, über 100 freiwillige Helfer, über 70 Bands und DJs, ein tolles Organisations-Team sowie eine gemütliche, freundschaftliche Atmosphäre haben das Rocken am Brocken auch in diesem Jahr zu einem der schönsten Festivals überhaupt gemacht. Ausgelassen und entspannt wurde drei Tage zu etablierten Headlinern und musikalischen Geheimtipps getanzt, bei verschiedenen DJs gefeiert, mit Freunden auf dem Zeltplatz getrunken oder einfach im Heuballen relaxed. Die Faktoren, die ein Festival einzigartig und unvergessen machen, waren auch diesmal ausgewogen. Wir sind überwältigt von diesem tollen Erlebnis!
Nach über drei Stunden Anfahrt waren wir sofort umgeben von imposanten Wäldern, purer Natur, plätschernden Bächen und einer vorbeidüsenden Dampflok, die ebenfalls zur Anreise genutzt werden konnte. Man fühlt sich sofort wohl und willkommen – so etwas wie Stress kann hier praktisch gar nicht aufkommen. Bereits am Mittwoch reisten die ersten Besucher an, um sich die besten Plätze auf dem Campinggelände zu sichern. Dank der kurzen Entfernungen zwischen Parkplatz und Zeltplatz standen die Camps in wenigen Minuten. Ein Großteil der Festivalfans kam am Donnerstag an, um abends pünktlich mit den ersten Bands zu feiern. Beim Gang über das Gelände stellten sie fest, dass es auch in diesem Jahr wieder liebevoll eingerichtet ist. Eine Hüpfburg lädt zum Austoben ein, auf den Heuballen können die Besucher in der Sonne entspannen. Nebenan in der Hexenhütte oder beim Maskottchen Mutombo im Zauberwald gab es feine elektronische Klänge und exzessiven Tanz zu Techno, Indie und Elektro. Musik von bekannten nationalen und internationalen Bands sowie von den Stars von morgen gab es auf der großen Brockenbühne und im Jägerzirkus.
„Bring forth the crown, the royal is in town.”
Nach der Band Anspielung als Eröffnungsact im Zelt steht am Donnerstag mit OK Kid die erste bekannte Band auf der Bühne, die gleich im Gedächtnis bleiben sollte. Die hessischen Musiker vermischen Pop-Elemente mit HipHop-Einflüssen und Rap-Texten. Ein wahrer Glückgriff an diesem Abend ist Headliner Royal Republic aus Schweden. Die vierköpfige Band bringt eine unglaubliche Energie auf die Bühne, die sich auf das Publikum überträgt. Spätestens nach dem dritten Song ist jeder im Publikum warmgetanzt, während die ersten Reihen zum nach vorne gehenden Alternative-Rock richtig durchdrehen. Songs wie Tommy-Gun oder Underwear kann fast jeder mitsingen. Die Zeit auf der Bühne wird aber auch für eine Akustik-Version von Addictive oder zur Präsentation von einigen neuen Songs genutzt. Royal Republic sind ganz klar das Highlight des ersten Festival-Tages. Der fast schon traditionelle Auftritt von Schluck den Druck im Anschluss kann in Sachen Eskalation das Level der Vorgänger halten und das Publikum erwartungsgemäß begeistern. In der Nacht legte wie in fast jeden Jahr DJ !Mauf zur Aftershowparty auf. Mit abwechslungsreicher, tanzbarer Indie-Rock-Musik bringt er selbst die müdesten Beine dazu, sich noch einmal im Takt der Musik zu bewegen. Gerade die geschmackvolle Musikauswahl macht den Auftritt besonders.
Der Freitagmorgen begann sportlich mit einem Volleyballturnier im Waldbad von Elend. Auch in diesem Jahr konnten sich die Besucher neben der sportlichen Aktivität im kühlen Wasser erfrischen und nette Bekanntschaften schließen. Eine einladende Abkühlung für die heißgetanzten Körper war außerdem der Bach Kalte Bode, der einige Meter neben dem Festival-Gelände fließt. Gerade am Samstag ließen einige Besucher entspannt ihre Füße im Wasser baumeln. Der letzte Festivaltag war mit Abstand der wärmste, schon früh am Morgen schien spürbar die Sonne. Generell hatten die Veranstalter Glück mit dem Wetter, in drei Tagen fiel nicht ein Tropfen Regen vom Himmel.
Hier steht die Zukunft auf der Bühne
Musikalisch begann der Tag mit Indie-Rock von Berlin Syndrome, die zu früher Stunde das Zelt erstaunlich gut füllten. Die erste große Überraschung des Tages waren Budzillus auf der Brockenbühne. Ihre Ska-Musik macht sofort gute Laune und lädt zum Tanzen ein. Während einige nur mit dem Kopf nicken oder sich entspannt in Gras gesetzt haben, gehen dutzende Fans vorne schon ziemlich ab. Bei Budzillus zeigt sich ein weiteres Mal das feine Gespür der Veranstalter für Bands mit hohem Entwicklungspotenzial. Bei Rocken am Brocken stehen immer viele Geheimtipps auf der Bühne. Gut möglich, dass wir in einigen Jahren über Budzillus sagen, „cool, die haben wir ja damals schon im Harz gesehen“. Nach Cosby und Honig stand am frühen Abend Tom Klose mit Band auf der Bühne. Der Mädchenschwarm macht ruhige Singer-Songwriter-Musik und entsprechend angetan sind die weiblichen Fans in den ersten Reihen.
Unbändiger Spaß bei Moop Mama und Schmutzki
Co-Headliner Feine Sahne Fischfilet stand anschließend auf der Hauptbühne und lieferte wie gewohnt ab. Zu hintergründigem Punk ist es in der Abendsonne vor der Hauptbühne richtig voll. Sänger Monchi ist zwar nicht mehr ganz nüchtern, das ändert aber nichts an der Tiefgründigkeit und Wahrhaftigkeit seiner Texte. Da Kill it Kid ihren Auftritt leider spontan absagen mussten, fand danach im Zelt eine öffentliche Jamsession statt. Dabei sahen wir neben Tom Klose auch Honig wieder. Außerdem kam die wunderbare Antje Shomaker für einige Songs auf die Bühne. Wir hatten uns zwar sehr auf Kill it Kid gefreut, aber diese wirklich tolle Session tat der guten Stimmung keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil! Die versprühte Euphorie wurde anschließend zu Moop Mama herübergetragen. Die Kapelle, bestehend aus sieben Bläsern, zwei DJs und einen Rapper, versteht es hervorragend, ihr Publikum zu animieren. Zu Songs wie „Liebe“ und „Roboter“ steht niemand mehr still. Bei kaum einem Act war die Stimmung besser als bei Moop Mama. Scheinbar haben auch Schmutzki dies mitbekommen. Über die sympathischen Schwaben haben wir schon häufiger berichtet, zumal dieses Jahr wirklich IHR Jahr zu sein scheint. Nach Hurricane, Breminale und Jan Delay-Supporttour spielen sie nun eine Stunde vor einer tanzwütigen Menge im Jägerzirkus. Die Durchstarter aus der Nähe von Stuttgart bringen mit ihrer frischen und aufgedrehten Art die Leute zum Toben. Die Party vor der Bühne toppt nun wirklich alles an diesem Tag bisher gesehene. Vorher haben sie auf dem Campingplatz bereits ein Konzert gegeben und dabei Sticker und Freibier verteilt. Die Texte sind vielleicht nicht sehr hintergründig, aber jeder hat Spaß. In manchen Momenten kommt es ausschließlich darauf an! Mit WhoMadeWho, Say Yes Dog und dem Rocken am Brocken DJ-Set wird anschließend noch bis tief in die Nacht gefeiert.
Der Samstag begann für einige Teams erneut sportlich – diesmal mit einem Fußballturnier auf dem Schützenplatz. Am Brocken passt nicht nur das musikalische, sondern auch das Rahmenprogramm. Langweilig wird es hier nie! Ein ganz besonderer Programmpunkt war auch in diesem Jahr wieder der Akustikpfad, bei dem die Besucher den Einklag von Natur und Musik mit allen Sinnen erleben durften. Vorbei an plätschernden Bächen und rauschenden Bäumen ging es mit den Nationalpark-Rangern in die Tiefen des Nationalparks Harz. Musikalisch begleitet wurde die Wanderung dieses Jahr von Antje Schomaker, Kroner und Tom Klose.
Bilder vom Akustik-Pfad gibt es hier zu sehen. (http://www.hb-people.de/rubrik/bilderserie/rocken-am-brocken-akustikpfad-2015)
Entspannt in der Sonne liegen
Auf der Brockenbühne steht anschließend Jonah, dessen Song „All we are“ durch die Werbung einer bekannten Handymarke sehr viel Aufmerksamkeit gefunden hat. Jonah sind aber viel mehr als dieser eine Song. Ihr Auftritt ist unglaublich entspannt und von Freude an der Musik geprägt. Schon jetzt liegen Hunderte Besucher entspannt auf der Wiese und lauschen den Klängen. Eine weitere positive Überraschung sind LSD on CIA. Unfassbar laut lassen sie wilde Rockmusik auf ihr Publikum los. Im Zelt ist es schon nachmittags warm und verschwitzt, die Leute tanzen. Die junge dänische Band hat Bock auf Musik und viel Potenzial. Anschließend stand Vierkanttretlager auf der großen Brockenbühne. Auf den Auftritt hatten wir uns gefreut, waren aber von der Band (das einige Mal auf dem ganzen Festival – ein hervorragender Schnitt) enttäuscht. Wir möchten gar nicht so genau wissen, was der Sänger vor dem Auftritt zu sich genommen hat, klar im Kopf wirkte er jedenfalls nicht. Es gipfelte darin, dass er mit einem lauten Mikrofonknall von der Bühne gefallen ist und auch seine Bemühungen, die Situation zu überspielen, vergebens waren. Doch ein Großteil der Zuschauer nahm dies locker und hatte trotzdem Spaß. Überraschend gut war der Auftritt von Acollective. Im Line-Up haben wir den Namen der aus Israel angereisten Band zum ersten Mal gelesen. Die Show hat wirklich Spaß gemacht, hoffentlich sieht man Acollective noch häufiger in Deutschland.
Einzigartiges Crowdsurfing bei AnnenMayKantereit
Gefühlt alle 4000 Besucher des ausverkauften Festivals waren später am Abend beim Auftritt von AnnenMayKantereit. Die Headliner von Rocken am Brocken sind in der deutschen Musiklandschaft ohne Frage die Durchstarter des Jahres. Trotz der unzähligen Auftritte in den letzten Monaten wirken sie auf der Bühne frisch und unverbraucht. Die sympathischen Kölner haben zwar noch nicht einmal ein Album veröffentlicht, dennoch haben sie mit Songs wie „Oft gefragt“, „21, 22, 23“ oder „Barfuß am Klavier“ große Hits gelandet. Die Besucher sind sehr textsicher und können viele Passagen mitsingen. Trotz der oft ruhigen Songs erzeugen sie mit Spielfreude und Spontanität eine erstklassige Stimmung vor der Bühne. Die Zuschauer singen sogar Geburtstagsständchen für Schlagzeuger Severin Kantereit und für Gitarrist Christopher Annen, in dessen Geburtstag reingefeiert wird. Kurz sprachlos war Sänger Henning May, als sich plötzlich ein selbstgebasteltes, liebevoll hergerichtetes Holzschiff mit der Aufschrift „Haihappen“, in dem zwei junge Frauen saßen, wie ein Crowdsurfer auf den Händen des Publikums bewegte. So etwas haben wir noch nie gesehen! Alle im Publikum waren begeistert! Das waren sie aber auch, als die Bands wirklich alle bekannten Songs spielte und dabei mit großartig geschriebenen, authentischen Texten überzeugt. AnnenMayKantereit, es war schön mit euch!
Razz geben alles zum Abschluss des Festivals
„Where you go, where you go, where you go… I follow.“ Die jungen Durchstarter von Razz durften bereits zum dritten Jahr in Folge bei ihrem Lieblingsfestival spielen. Die Musiker sind kaum älter als 18 Jahre, wir kennen keine annähernd vergleichbare Band, die in diesem Alter so weit entwickelt ist. Die unglaubliche Stimme von Sänger Niklas macht die Zuschauer sprachlos! Razz überzeugt mit intelligentem Songwriting, einem Gespür für Melodien, hervorragenden Live-Qualitäten und erstaunlicher Abgezocktheit auf der Bühne. Das Zelt war rappelvoll, davor bildeten sich meterlange Schlangen aus Zuschauern, die so ebenfalls die Musik hören konnten. Bei Songs wie „Youth & Enjoyment“, „Turning Shadows“ oder der aktuellen Single „Black Feathers“ konnten erstaunlich viele Besucher die Texte sicher und laut mitsingen. Wir freuen uns jetzt schon riesig auf das Debütalbum „With your hands we´ll conquer“, das im Herbst erscheinen wird.
Völlig verrückt und als gelungener Abschluss stand das Acrobatic Colours DJ-Team nachts noch drei Stunden im Jägerzirkus auf der Bühne. Diese Zeit nutzten sie für ordentlich Ramba Zamba. Jede Menge 80er und 90er gab es auf die Ohren, Mengen an Gratis-Wodka in den Mund. Höhepunkt war ein inszenierter Wrestling-Kampf, der den Umschwung zu den 90ern einleitete, die mit David Hasselhoff aus den Boxen eröffnet wurde. Ein passendes Ende eines schönen Festivals.
Unser Dank geht an die Veranstalter von Rocken am Brocken und an das Orga-Team, die erneut ein fantastisches und einzigartiges Festival auf die Beine gestellt haben. Außerdem bedanken wir uns bei den verschiedenen Leuten, die dieses Festival unvergesslich gemacht haben. Es war uns ein Fest! Wir sehen uns in 2016!
Hier findet ihr unsere Bilder vom Festival sowie eine eigene Serie vom Akustikpfad.
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