„Zehn Jahre Abfuck“ mit Zugezogen Maskulin

Mit der neuen Platte zum Bandjubiläum tritt das Rap-Duo im Mai 2022 im Modernes auf.

Foto: Robin Hinsch

Bremen. 2010 verlassen zwei junge Männer ein ehemaliges Reichsbahn-Gebäude, in dem sich nach der Wende Musikstudios eingenistet haben. Keine Highclass-Studios, wie die beiden sie im Rahmen ihres Praktikums kennengelernt haben, wenn Interviews anstehen und sich Rapper vor ihnen in tiefen Ledersesseln aalen, von ihren Alben erzählen, von den anstehenden Touren, vom Erfolg – und die beiden jungen Männer zuhören und nicken – mit einem Aufnahmegerät in der Hand.

Jedenfalls sieht es danach aus, im Kopf läuft jedoch etwas ganz anderes ab. Sie wollen selber im tiefen Ledersessel sitzen, vor einem dankbaren Publikum, denn trotz aller Versicherungen sich selbst oder ihrem Chef gegenüber: Eigentlich wollen die beiden selber Rapper sein. Oder noch besser: Rapstars. Was beide zu diesem Punkt nicht wissen, nur hoffen: Die Rapstar-Träume werden sich erfüllen. Es wird rauschhaft, Anerkennung, dieses bohrende Verlangen nach Anerkennung, Geld, Ruhm, all das gibt es bald – aber der Kater wird gigantisch.

Und was die beiden nicht wissen können, aber ahnen: Dieses schräge Jahrzehnt wird noch schriller und seltsamer, mit Verwerfungen, an die man sich im Sommer des Jahres 2020 gewöhnt hat, die bei Bandgründung noch unvorstellbar sind – es werden „10 Jahre Abfuck“. Und so berichten Zugezogen Maskulin von der Ankunft aus der deutschen Provinz in Berlin und davon, wie man bei rap.de Menschen interviewt, die einige Jahre später anderen Menschen in Syrien den Kopf abschneiden werden. Grim104 und Testo erzählen vom trüben Weg hin zum Erfolg, als Zugezogen Maskulin auf dem Normiefest spielten, vor Typen mit Deutschlandhut und mit DJ Ötzi als Kontrastprogramm.

Dass der rauschhafte Rückblick auf dem neuen Album so zeitgeistig, weltläufig und aktuell klingt, ist vor allem Ahzumjot zu verdanken, der als Executive Producer auf „10 Jahre Abfuck“ gearbeitet hat. Der 30-jährige Hamburger hat der Platte ein minimalistisches und elegantes Soundbild entworfen, in den Produktionen wurde jeder unnötige Pomp abgestoßen, kein Geigen-und-Piano-Pathos, sondern finstere Bass Music und zerhackte, zerschnittene Samples die ineinander gewirbelt werden.

So ist „10 Jahre Abfuck“ Rückschau und Aufbruch zugleich: In einen eleganten und hypermodernen Sound eingepackt, schreiben Grim104 und Testo über längst verblasste Anfänge, wühlen im Morast zwischen der Kindheit und ersten Gehversuchen auf Bühnen, Beziehungen und Selbstbehauptungen. Und blicken gleichzeitig in eine Zukunft, die alles sein kann: Hamsterrad oder Emanzipation, strahlende Zukunft oder, hoffen wir es nicht, „10 Jahre Abfuck“. Das Album ist am 7. August erschienen.

Am Samstag, den 14. Mai 2022 treten Zugezogen Maskulin in Bremen im Modernes auf, die Show wird veranstaltet von Hafensänger Konzerte und wurde aufgrund der Corona-Pandemie vom 23. April und 23. Oktober verschoben und aus dem Kulturzentrum Schlachthof verlegt. Tickets gibt es im Vorverkauf.

 


Mehr Beiträge aus" Musik" zur Startseite

„Zehn Jahre Abfuck“ mit Zugezogen Maskulin teilen auf: