Gedanken zum Überfall auf Frank Magnitz und am Umgang der AfD

Selbsternannte Beschützer der Demokratie müssen überlegen, auf welcher Seite sie stehen wollen.

Zunächst und unmissverständlich: Gewalt, zumal in dieser Form, kann und darf niemals Bestandteil einer demokratischen Auseinandersetzung sein/werden!

Trotzdem stellen sich im Laufe des gestrigen Tages immer mehr Fragen über den Umgang der AfD und ihren Anhängern mit diesem Überfall auf ihren Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz. Praktisch alle hochrangigen Politiker der Bundestagsparteien (unter anderem Heiko Maas, Wolfgang Schäuble, Cem Özdemir und der Regierungssprecher Stefan Seifert) und der Bremer Landesregierung (Bürgermeister Carsten Sieling, Innensenator Ulrich Mäurer und Finanzsenatorin Karoline Linnert) reagierten geschockt und ablehnend auf den Tathergang. Nur eine Partei sticht aus dem Konsens aus! Das ist ausgerechnet die AfD, die nicht nur den Schuldigen kennt (Linksterroristen), sondern in der Tat „das Ergebnis der andauernden Hetze von Politkern und Medien gegen uns“ sieht. Ferner spricht sowohl die Bundespartei, als auch der Landesverband von einem „Mordanschlag“ und weiß bereits mehr zum Tathergang, als die Polizei. Das sollte jeden Demokraten aufhorchen lassen.

Es ist wichtig und dem Schutz einer Demokratie zuträglich, diese Tat richtig darzustellen und nicht für eigene politische Zwecke auszunutzen! Der Polizeibericht spricht von „einem Schlag auf dem Kopf“. Und es heißt: „Auf dem bisher gesicherten Videomaterial kann der Einsatz eines Schlaggegenstandes nicht festgestellt werden.“ Im Bericht ist nicht erwähnt, dass es sich, wie nach AfD Angaben, um ein Kantholz handelte. Und selbst wenn dies der Fall war, so schließt das immer noch, die auf mehreren offiziellen AfD Kanälen verbreitete Aussage von „Tritten gegen den Kopf“ aus. Das Opfer selber sagt aus, er könne sich an den Tathergang nicht erinnern. Aktuell sucht die Polizei noch nach Zeugen, die die Tat beobachtet haben. Nach Auswertung der ersten Videoaufzeichnungen ist jedenfalls kein Schlaggegenstand auf den Bildern zu erkennen.

Es ist zwar richtig, dass die Polizei eine Sonderkommission zur Untersuchung eingerichtet hat, was aufgrund der politischen Stellung des Opfers, als MdB sicherlich richtig und bestimmt gängig ist, allerdings gibt es bisher keinerlei Hinweise, dass es sich bei dem Überfall wirklich um eine politisch motivierte Tat handelte. In einer Demokratie verbieten sich Vorverurteilungen. Solange die Täter nicht gefasst wurden, es noch nicht einmal Verdächtige gibt, handelt mit Formulierungen wie „Linksterroristen“ eindeutig antidemokratisch. Selbst der Geschädigte gibt im BILD-Interview zu, es könnte sich auch um einen Raubüberfall handeln. Ein typisches Konzept der AfD; Übertreibung gefolgt von Relativierungen.

Es sind bisher weder der Tathergang bekannt, noch kann die AfD etwas über die Täter wissen, sehr wohl aber will die Partei wissen, dass es sich bei dem Überfall um einen Mordversuch handelte, und eben nicht um eine schwere Körperverletzung oder versuchten Totschlages oder eines anderen (schweren) Vergehens. Für einen wirklichen Mordversuch bedarf es zumindest eine geplante Aktion, die bisher nicht nachzuweisen ist. Daher bleibt der Tatbestand reine Spekulation der AfD. Die Polizei ermittelt zwischenzeitlich zur schweren Körperverletzung.

An dieser Stelle noch einmal für alle, die sich jetzt gerne erregen möchten: Es geht hier nicht um eine Relativierung der Tat oder darum irgendetwas gut zu heißen. Die aufgezählten Punkte sind die Fakten. Es geht schlichtweg um demokratische Werte, die für jeden Menschen gelten und da schließe ich Opfer und Täter ein. Eine große Errungenschaft der Demokratie ist die Gewaltenteilung und die Unschuldsvermutung. Das sollte sich bei ihrer Stimmungsmache auch die AfD zu Herzen nehmen, um als wirklich demokratische Partei durchzugehen. So bleiben die Zweifel bestehen.

Bleibt an dieser Stelle, trotz politischer Differenzen, Frank Magnitz eine schnelle Genesung zu wünschen.


Mehr Beiträge aus" Kolumnen" zur Startseite

Gedanken zum Überfall auf Frank Magnitz und am Umgang der AfD teilen auf: