Ryan Adams – Prisoner, Pax Am, 2017

Ryan Adams neues Album Prisoner gehört in jeden Plattenschrank. Warum? Lest Ihr hier.

Mann wird von Frau verlassen und der schreibt sich seinen Frust, Wut, Trauer von der Seele. So weit, die Eckpunkte von Ryan Adams neuer Platte mit dem Titel „Prisoner“, mit einer verzerrt gezeichneten Person auf dem Cover, die entfernt an Adams Ex-Frau Mandy Moore erinnert. Das Ganze gelingt dem Songwriter zu einer Perfektion, da wünscht sich der geneigte Hörer schon fast, von seiner Liebsten verlassen zu werden, um diesen Schmerz des Verlustes noch mehr zu spüren.

Keineswegs selbstmitleidig kommt Ryan daher.  Er lässt noch nicht mal Zweifel daran, wem das Scheitern der Beziehung anzukreiden ist. Es ist vielmehr die Trauer und die Wut darüber, das unvermeidliche nicht abgewendet zu haben. Der Sänger, ein Scheidungskind, wäre bereit gewesen, es weiter zu versuchen: „I could wait a thousand years my love, I’d wait for you“, singt er im Titelsong. Und weiter heißt es: „One part is the world and one’s my heart – My love, we can do better than this”. Der ganze Schmerz in eine einzige Zeile gelegt. „How can you complicate a kiss“, fragt Adams und legt damit eine Metapher für die ganzen Streitereien, die vorausgegangen sein müssen. Von solchen Textfetzten gibt es jede Menge: „It’s so hard to be without you, lying in the bed, you are so much to be without. “ So kann nur jemand schreiben, der wirklich geliebt hat. Gerade diese direkte Ehrlichkeit macht “Prisoner” so umwerfend. Jedes Wort kommt tief aus der Seele. Das bloße Zuhören schmerzt bereits.

Die Musik dazu ist eine Adams-typische Mischung aus Folk, Country und Rock. Dieses Mal allerdings, wie bereits das Vorgängeralbum, mit deutlichem Schwerpunkt auf Rock. Die Orgel surrt, die Drums hallen, wie seit den 80er nicht mehr und die Gitarren sind so schrill, wie es eben nur geht. Es funktioniert einfach wunderbar. Besonders, wenn die Anlage laut aufgedreht ist. Akustische Gitarren und eine Mundharmonika, prominent im Übersong „Doomsday“ eingesetzt, runden das Klangbild ab.

Wenn es jedes Jahr einen Preis für den schönsten „Springsteen“-Moment auf einer Platte geben würde, das Ende von „Tightrope“ hätte ihn im letzten Drittel des Songs mit dem sehnsuchtsvollen Saxofon, dem Klavier und der Akustikgitarre so was von verdient.

Es gibt wirklich keinen erhellenden Moment auf diesem Album, der etwas Hoffnung verströmt. Was für eine beschissene Zeit muss es für den Sänger gewesen sein. Es bewahrheitet sich wieder einmal, nur aus dem Schmerz kann große Kunst entstehen. Bis jetzt, und wahrscheinlich auch noch am Jahresende, das Album des Jahres. Nicht nur für gerade Verlassene, sondern auch für Liebende.


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