Kaputt als textliches Konzept

Bitume-Sänger Christian Maasland im Interview über Punk, die See und den neuen Tonträger

BITUME.

Die Punkrock-Band Bitume hat am 8. November 2019 ihr neues Album „kaputt“ herausgebracht. Im Interview verrät Sänger Christian Maasland, wie es zu diesem Konzeptalbum des Knock-Outs gekommen ist und wie sich ihr Sound entwickelt hat. Die Band tritt bereits seit 19 Jahren auf und hat in dieser Zeit acht Langspielplatten aufgenommen.

HB-People: Inwiefern meinst Du selbst, dass man auf dem Album „kaputt“ hören kann, dass ihr alle älter geworden seid?

Christian Maasland: Ich finde man kann hören, dass wir musikalisch „reifer“ geworden sind. Das kann man vielleicht dann auch mit dem Wort „älter“ ausdrücken. Ein bisschen steckt da aber auch die Gelassenheit hinter, die man mit den Jahren anhäuft. Dann macht man Dinge, die man früher vielleicht nicht gemacht hätte und das kann dann gut werden. Aber klar ist man wird älter.

Der Album-Titel „kaputt“ zieht sich durch fast alle Songs. Magst Du definieren, was für dich „kaputt“ bedeutet?

Kaputt ist unbewusst fast ein textliches Konzeptalbum geworden. Haha. Sehr gut. Ich verstehe KAPUTT nach dem „Phoenix aus der Asche“-Prinzip. Ist etwas kaputt, dann kann man es wiederaufbauen oder etwas Neues daraus schaffen. Letztendlich ein altbekanntes, aber menschlich wichtiges Thema. Hinfallen kommt im Leben vor – Aufstehen und Weitergehen ist das was man macht beziehungsweise machen sollte. Diese Deutungsrichtung finde ich persönlich wichtig.

Inwiefern seid ihr beim Album vom alten Ton Steine Scherben Gassenhauer „Macht kaputt was Euch kaputt macht“ inspiriert?

Gar nicht. Haha. Schöne kurze Antwort.

Hat das akustische Vorgänger-Album „AKU“ einen Prozess ausgelöst, der dazu geführt hat, dass ihr Eure Songs inzwischen bewusst anders beziehungsweise vielseitiger aufbaut? Kann man das auf der Scheibe „kaputt“ hören?

AKU hat uns sicherlich musikalisch vorangebracht und auch den Horizont erweitert. Wir hatten dort ja eine andere Instrumentierung mit Kontrabass, Stagepiano, SAZ usw. Ich habe da gesungen, ohne Gitarre zu spielen. Ich bin nun im Nachgang der Meinung, dass sich ein Teil von AKU in uns festgesetzt hat. Das kann man dann auch hören. So richtig bewusst und mit einem Vielseitigkeitsplan gehen wir aber nicht vor. Wie schon immer, bei uns als BITUME passiert das einfach so und muss dann eigentlich nur den „Es muss sich richtig anfühlen“-Test bestehen. Dann passt es. Und vielleicht wird man unbewusst auch einfach hier und da besser.

Inwiefern ist der Titel „Abgesang“ eher eine Hymne für das Aufstehen gegen Klimawandel und Rechtspopulismus als ein Song über die Verbitterung?

Ich finde zunächst auch das der ABGESANG eine Hymne ist und gerade durch den Gesang der Kinder am Ende Gänsehaut erzeugen kann. Und ja – der Text lässt sich mit den von Dir benannten beiden Themen in Verbindung bringen. Alleine und mit diesem egozentrischen Gegeneinander in Wort und Tat werden wir es als Menschheit nicht schaffen Dinge zu ändern, die zwangsläufig geändert werden müssen.

Ihr singt vom Atlantik und steht in „Hinfallen Aufstehen“ am Meer, welche Rolle spielt für Euch die See und Norddeutschland? Wie wirkt sich das auf Eure Musik aus?

Ich selber komme aus einer Seefahrerfamilie, bin selber auf Schiffen unterwegs gewesen und habe viel an der Küste gearbeitet. Das ist für mich Heimat. Am frühen Abend am Meer stehen, dann wenn alles ruhiger wird und man nix außer Wasser vor sich hat, das ist der Moment in dem man sich einer gewissen Grundmelancholie nicht entziehen kann. Da sortiert man sich ein, als kleiner Mensch, in das große Ganze ein. Letztendlich ist unsere Musik durchzogen von dieser Stimmung, die man in solchen Momenten erlebt. Ich finde das wir einen hohen melancholischen Anteil haben. Durch die Texte, durch die Gitarrenmelodien und das Alles zusammen. Das kann Norddeutschland. Ich mag das und das steckt tief in mir drin.

Ihr macht seit fast 20 Jahren Punkrock. Warum reizt dich das immer noch? Was kann diese Musik was andere Stile nicht können?

Für mich persönlich ist das der Musikstil und die Musik meines fast ganzen bisherigen Lebens. Das berührt mich einfach. Ich bin Fan und mache auch gleichzeitig selber Musik. Für mich ist Musik hören wie ein Tagebuch. Jede Platte erinnert mich an eine gewisse Zeit – einen Abschnitt meines Lebens – an einzelne Situationen. Das kennst Du bestimmt auch. Warum das für mich nun gerade Punkrock oder etwas weiter gefasst Gitarrenmusik mit hohem Wiedererkennungswert im Gesangsbereich kann, das weiß ich nicht. Ich glaube aber, dass gewisse musikalische Grundakkorde jeden Menschen berühren können. Früher habe ich immer gedacht, wenn man erwachsen ist, dann ändert sich so etwas wie Punkmusik hören bestimmt. Das ist aber bei mir nie eingetreten. Zum Glück.

Mehr Infos auf der Bitume-Homepage.


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