In einer anderen Welt

Das ausverkaufte Forest Jump Festival in der Nähe von Salzwedel hat am letzten Wochenende in besonderer Atmosphäre die Besucher verzaubert.

Foto: Jörg Kröger

Salzwedel. Bereits zum siebten Mal hat ein abgelegener und einzigartiger Ort in Sachsen-Anhalt ein Wochenende lang als Kulisse für ein wunderbares Festival gedient. Beim „Forest Jump“ im eigens errichteten  „Zauberwald“ sind in diesem Jahr weit über 1000 Besucher in die spezielle Atmosphäre eingetaucht.

Auf dem übersichtlichen Gelände gibt es jede Menge zu entdecken. Zwischen die Bäume ist ein riesiges Netz gespannt, das zum Ausruhen einlädt, eine Wasseroase ist ebenso gemütlich. Neben einem Aussichtturm aus Holz mit steiler Rutsche gibt es mehrere Schaukeln, ein in die Bäume gespanntes Trampolin, ein Open-Air-Wohnzimmer mit Sofas, Bibliothek und Brettspielen sowie ein überdimensionales Hamsterrad, geschnitzte Holztiere und Tischkicker. Zusätzlich gibt es eine Skaterbahn, eine Galerie mit Gemälden und ein schwebendes Flugzeug mit einem großen Teddy als Pilot. Auch die Theke und die sogenannte „Frittenbude“ als Verpflegungsmöglichkeit sind aus Holz selbstgebaut.

Dort werden eigens angebaute Kartoffeln vor Ort zu Pommes verarbeitet, es gibt eine gesunde Nudelpfanne und morgens wird dank eines Bauchladens sogar auf dem Campingplatz Frühstück mit frischen Brötchen und Kaffee verkauft. Es ist schön, solche nicht-kommerziellen Festivals zu erleben, wo die Liebe zur Sache und zum Detail für das engagierte Team im Vordergrund steht.

Das musikalische Programm startet Freitag am frühen Abend mit der Rockgruppe Kaffkönig, die 45 Minuten lang einige Songs ihres Debütalbums „Das große Kotzen“ präsentieren. Noch  rauer wird es nach Einbruch der Dunkelheit mit der Berliner Elektropunk-Band Egotronic. Ebenfalls vom bekannten Label Audiolith kommen Neonschwarz, die als Headliner des ersten Abends auftreten und mit Publikumsinteraktion und dreistimmigem Hip-Hop überzeugen. Sogar erste Stücke aus dem neuen Album „Clash“, das in sechs Wochen erscheint, werden vorgestellt. Bis um 5:30 Uhr können die Besucher im Anschluss noch stundenlang weiterfeiern und vor der Bühne zu verschiedenen DJs tanzen.

Mehr oder weniger ausgeschlafen können diese am nächsten Tag in Ruhe aufstehen, denn das richtige Programm beginnt erst am späten Nachmittag. Bis dahin lassen sich die Stunden aber problemlos auf dem Campingplatz oder mit den zahlreichen Möglichkeiten des bereits geöffneten Geländes nutzen. Musikalisch startet der Tag mit deutschsprachigem Post-Hardcore von Fjørt. Zurecht wird ihr aktuelles Album „Couleur“ von Kritikern durchweg gelobt, nicht nur wegen der zum Teil gänsehauterzeugenden Lyrik. Ein harter Bruch ist es zum folgenden Hip-Hop-Duo Zugezogen Maskulin, die ebenfalls von den Fans im Zauberwald gefeiert werden. Diese werden mit einer Sektdusche der Rapper überrascht. Es ist an diesem Wochenende generell bemerkenswert, wie Fans von Gitarrrenmusik plötzlich zu elektronischen Beats abgehen und umgekehrt.

Um 21:30 Uhr betreten Milliarden als Headliner die Bühne. Auf den verträumten Eröffnungssong „Scheinen“ folgen mit „Marie“ und „Milliarden Milliarden“ kraftvolle Stücke, die vermuten lassen, in welche Richtung es in den nächsten 75 Minuten gehen wird. Sänger Ben Hartmann verschwindet bereits beim dritten Song im Moshpit vor der Bühne. Die Berliner nutzen die Abgelegenheit des Festivalgeländes aus, es gibt keine Anwohner, die sich über den lautstarken Auftritt beschweren könnten. Das Schema der Setlist ist schnell erkennbar, auf mehrere laute Songs folgen wenige ruhigere – Zeit, zu verschnaufen. Auch bei Liedern wie „Berlin“ und „JaJaJa“ feiert Hartmann mit den Zuschauern vor der Bühne, verpflegt diese sogar mit Pfefferminzschnaps. Zum Abschluss dieses erschöpfenden Auftrittes performen Milliarden ihren bekanntesten Hit „Freiheit ist ne Hure“. An dieser Stelle lässt Hartmann es sich nicht nehmen, ein Statement zum aktuellen Geschehen in Deutschland und der Welt abzugeben. Eine Zugabe bleibt sowohl der Band als auch den Festivalbesuchern aufgrund des engen Zeitplans verwehrt. Die Hauptstädter verabschieden sich mit diesem Gig aus ihrer Festivalsaison. In knapp einem Monat startet dann im Bremer Schlachthof die „Welt im Blech“-Tour.

So endet der diesjährige Festivalsommer in der friedlichen Wohlfühlatmosphäre des besonderen Idylls. Das Forest Jump Festival ist weit mehr als ein idealer und entspannter Ausklang des Sommers – es ist eine eigene, kleine Welt, in der für die Sorgen des Alltags kein Platz ist. Mit Herzblut werden im Zauberwald zusätzlich Werte wie Gemeinschaft, Liebe und Weltoffenheit vorgelebt. So nehmen die über 1000 Besucher hoffentlich ein kleines Stück des Tatendrangs und Gedankenguts aus diesem Wochenende mit in den Alltag.

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