„Es macht ein Live-Konzert aus, das es so unberechenbar ist“

Letztes Wochenende haben wir Frittenbude vor ihrem Konzert im Kulturzentrum Schlachthof für ein Interview getroffen.

Frittenbude, Foto: Bastian Bochinski

Bremen. Im Herbst 2018 meldeten sich Frittenbude mit der Single „Die Dunkelheit darf niemals siegen“ zurück, wenige Monate später ist ihr fünftes Studioalbum „Rote Sonne“ erschienen. Benannt nach einem Münchener Techno-Club, spielten sie dort ihr Releasekonzert und anschließend eine ausgiebige Tour durch Deutschland, die nach einem großen Festivalsommer im Herbst fortgesetzt wurde. Auf „Rote Sonne“ verbinden Frittenbude gewohnt harte politische Statements mit tanzbaren Melodien. Live ist die Band ohnehin wuchtig und laut. Am Samstag sind sie in Bremen im Kulturzentrum Schlachthof aufgetreten, vorab haben wir sie für ein Interview getroffen.

Lest hier unseren Konzertbericht und klickt euch hier durch unsere Bildergalerie.

Ihr habt den zweiten Teil der „Rote Sonne“-Tour im Dezember begonnen und spielt jetzt die letzten Konzerte. Was habt ihr in den sechs Wochen Pause über den Jahreswechsel am Set für das große Finale verändert?

Wir haben drei Tage geprobt und unser Set von zuletzt 100-110 Minuten auf zwei volle Stunden erweitert. Dafür haben wir ein paar alte Songs wieder ins Set aufgenommen. Pausen sind eine gute Gelegenheit, Stücke auszuwechseln und die Setliste ein wenig zu verändern. Wenn wir auf einen Song keine Lust mehr haben und ihn nicht mehr mit voller Hingabe spielen würden, muss man ihn ersetzen, bis die Lust wieder da ist.

Wie ist es nach mehreren Wochen am Stück auf Tour – könnt ihr euch noch an einzelne Besonderheiten erinnern, oder es ist wie ein großer „Filmriss“, der an euch vorbeifliegt?

Es sind zwischendurch ein paar Tage Pause dazwischen, also nicht komplett am Stück. Trotzdem wird es bei 50-60 Shows im letzten Jahr schon schwammig. Natürlich kann man nicht alles behalten, einige können sich Details, Tourstorys oder Anekdoten besser merken, andere schlechter. Wichtig ist: Im Großen und Ganzen war das letzte Jahr richtig spaßig.

Wie seid ihr gerade denn unterwegs – „Nightliner oder Mercedes Sprinter“?

Im ganz vollgepackten Mercedes Sprinter, mehr geht wirklich nicht rein – weder hinten auf die Ladefläche, noch vorne an Menschenmasse. Das Gute ist, man kommt mit weniger zurück als man mitgekommen hat, da sich die Merchkartons jeden Abend verringern. Wenn wir losfahren, passt wirklich nichts mehr rein, manchmal muss sogar Equipment vorne bei uns verstaut werden. Zum Ende der Tour geht es dann.

„Rote Sonne“ erscheint abwechslungsreicher als „Küken des Orion“, aber nicht mehr über die volle Distanz mit so hoher Dynamik und Druck wie im Frühwerk. War das eine bewusste Entscheidung oder einfach der Lauf der Dinge über Jahre und inzwischen Jahrzehnte?

Unsere ersten beiden Alben waren kratziger und vor allem technoider, jetzt ist es dafür viel abwechslungsreicher. Ich glaube schon, dass ein Song wie „Die Dunkelheit darf niemals siegen“ die Energie ähnlich gut transportiert wie frühere Stücke, aber es sind eben mehr ruhige Songs dabei. Es macht einfach Spaß, das auch zu tun. Ehrlicherweise wollten wir ein richtig druckgeladenes Album machen, es sollte scheppern und schnell sein. Wenn ein Track sich zu einer langsameren Nummer entwickelt, liebt man ihn trotzdem und gibt ihn nicht einfach weg. Für uns fühlt sich das Album sehr fertig an, wir sind zufrieden und glücklich mit dem Ergebnis. Es macht Spaß, wenn man sich beim Songwriting und im Entstehungsprozess keine Grenzen setzt und seine Ideen offen umsetzen kann.

Welche Erlebnisse aus dem letzten Jahr nach eurem Albumrelease landen im Song, wenn ihr „Filmriss2000“ jetzt neu schreiben würdet?

Das Konzert vor drei Tagen in Dortmund auf jeden Fall. Das war eine der Shows, die wir seit Jahren schon nicht mehr und in der Form wohl noch nie hatten. Es ging wirklich alles schief und endete in einer Viertelstunde Stromausfall. Die Fans waren total verrückt und haben einfach weiter Party gemacht. Die Leute sind weiter abgegangen, obwohl ständig unerwartete Dinge passiert sind. Solche Abende sind prädestiniert dafür, in Texten wie dem von „Filmriss2000“ zu landen. In Zürich haben wir versucht, eine Planierraupe kurzzuschließen und mit ihr durch die Stadt zu fahren. Wir haben aber nur die Lampen anbekommen. Das würde auch in der Fortsetzung vorkommen.

Wie habt ihr es geschafft, die technischen Schwierigkeiten zu überspielen?

Bei jedem Konzert gibt es natürlich Kleinigkeiten, die nicht so rund laufen. Das ist aber total egal, die Leute kommen ja nicht zum Konzert, um eine CD anzuhören. Oft sind Dinge, die uns nerven, wenn wir einen Text vergessen, falsch einsteigen oder uns verspielen, für die Besucher etwas einzigartiges und besonderes, weil sie es anders und neu hören. Es macht ein Live-Konzert aus, das es so unberechenbar ist.

Ähnlich wie Kettcar, habt ihr vier Alben veröffentlicht und danach eine Pause eingelegt. Aus „Küken des Orion“ spielt ihr jetzt kaum noch Songs live. War diese Pause dringend notwendig, um euch künstlerisch weiterzuentwickeln?

Wir brauchten beruflich mal Pause voneinander. Wir hatten zehn Jahre praktisch nonstop miteinander verbracht, entweder auf Tour oder im Studio. Vor drei Jahren waren wir an einem Punkt, an dem wir normalerweise ein Album hätten machen müssen, uns aber gar nicht danach gefühlt haben. Dann haben wir uns eine einjährige Auszeit genommen und im Sommer 2017 nur ganz wenige Festivalauftritte gespielt. Jakob und Martin haben nach neun Monaten angefangen, die ersten Ideen auszutauschen und sich wieder im Studio zu treffen und wenige Wochen später war der Funken bei mir auch wieder da. Wir haben zwar ein Jahr nicht wirklich aktiv als Band gearbeitet, uns aber zwischendurch natürlich trotzdem privat gesehen und Zeit miteinander verbracht.

Ich war letztes Jahr auf vier mehrtägigen Festivals und überall haben Frittenbude gespielt – hattet ihr im ersten Festivalsommer mit neuem Album das Gefühl, alles mitnehmen zu wollen, war es eher Zufall oder habe ich einfach die richtigen Festivals besucht?

Du hast mit Sicherheit die richtigen Festivals besucht, aber das Ganze passiert natürlich in Wellen und Zyklen. Wenn man ein Album rausbringt versucht man so viel zu spielen, wie es nur geht. Diesen Sommer wird es natürlich weniger sein.

Abschließend erzählen Frittenbude noch Anekdoten und kuriose Erlebnisse von diesen vier Festival-Wochenenden (Hurricane, Deichbrand, Rocken am Brocken und Forest Jump). In unserer aktuellen Podcast-Folge des NASS-Magazins habt ihr schon einen kurzen Ausschnitt aus dem Interview gehört, seit gestern ist das ganze Interview ungeschnitten als Special online. Dort könnt ihr euch als Zugabe die Storys aus dem Tourleben von Frittenbude anhören:

 


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