„Es fühlt sich total verrückt an“ – Tom Gregory im Interview

Vor seinem Auftritt auf der größten Bühne der Breminale gestern Abend, haben wir mit dem britischen Newcomer gesprochen.

Tom Gregory

Bremen. So schnell kann es in der Musikindustrie gehen. Noch vor etwas über einem Jahr arbeitete der 22-jährige Tom Gregory für 5€ die Stunde in einem Theater. Inzwischen gehört sein Song „Run To You“ zu den meistgespielten Radiohits des Jahres 2018. Im Interview spricht der Brite über seine zweite Heimat und seinen Ausflug in die Schauspielerei.

Wir beide sind am exakt gleichen Tag geboren. Welche Musik hast du in deiner Jugend gehört?

Das waren Bands wie Keane und The Fray, außerdem bin ich mit The Script aufgewachsen. Genau vor zehn Jahren, als wir beide 12 Jahre alt waren, ist „The Man, Who Can’t Be Moved erschienen“. Ich habe viel Gitarrenmusik gehört und wurde außerdem sehr von meinem Vater inspiriert. Er hat mir Bands wie Kool & The Gang und James Taylor nahegebracht. Ich habe mich wenig für moderne Musik interessiert und lieber solche Bands gehört, während meine Freunde zum Beispiel Eminem gefeiert haben.

Welche Musiker hatten den größten Einfluss auf deinen Songwriter-Pop?

Isaac Slade, der Sänger von The Fray, hat meine Musik sehr geprägt und Adam Levine von Maroon 5 ist mein persönlicher Held.

Du bist beim deutschen Label Kontor unter Vertrag, die hauptsächlich für die Genres Dance und House bekannt sind. Wie ist das entstanden?

Ich habe „Run To You“ in einem Tonstudio aufgenommen und jemand von meinem Musikverlag hat anschließend vor Veröffentlichung einen Remix daraus gemacht. Den haben wir an einige Leute geschickt. Jens Thele, der Chef von Kontor Records hat ihn gehört und fand ihn sehr gut, wollte aber unbedingt das Original hören. Danach wollte er mich unter Vertrag nehmen. Er wollte als Ausnahme einen Popmusiker haben und hat sich glücklicherweise für mich entschieden. Bisher funktioniert die Zusammenarbeit sehr gut.

Du hast eine starke Verbindung nach Deutschland, wann warst du das erste Mal hier?

Früher bin ich auf eine internationale Schule gegangen, viele meiner Freunde sind in Deutschland geboren. Um sie zu besuchen, war ich mit 15 Jahren das erste Mal hier und komme seitdem immer wieder. Über einen Kumpel von mir habe ich auch einen meiner Manager kennengelernt. Dann habe ich meinen Labeldeal in Deutschland bekommen und bin diesen Sommer mehr hier als in England.

Den ganzen Sommer über bist du in Deutschland unterwegs. Ist es hier inzwischen wie eine zweite Heimat für dich?

Definitiv! Es ist wirklich wie ein zweites zu Hause für mich. Vor allem hier im Norden fühle ich mich wahnsinnig wohl. An der See zu sein, erinnert mich zudem sehr an meine Heimat. So bin ich aufgewachsen, das liebe ich.

Hast du schon ein paar deutsche Sätze drauf?

„Ich will deutsch lernen!“

Was vermisst du am meisten an England, wenn du über Wochen im Ausland unterwegs bist?

Das ungesunde englische Frühstück, den Tee, die britische Milch und meine Familie. Mehr vermisse ich nicht.

Wie unterscheidet sich das deutsche Publikum von britischen Zuhörern?

Nicht besonders viel. Die junge Leute lernen hier sehr früh englisch und sprechen die Sprache, deshalb fühlt es sich für mich wie ein ganz normales Publikum an. Vor allem im Norden Deutschlands sind die Fans etwas verrückter. Vielleicht wird hier etwas ins Trinkwasser gemischt.

Deine erste Single „Run To You“ ist letzten Sommer erschienen. Der Song hat 13 Millionen Streams bei Spotify und ist auf dem Weg zu zwei Millionen Klicks auf YouTube. Fühlt es sich wie ein Kaltstart ins Musikbusiness an?

Das kann man bestimmt so sagen. Wenn du im Studio einen Song schreibst, kannst du dir nicht vorstellen, dass er vielleicht Millionen Streams bekommen wird. Vor einigen Monaten hat mir jemand erzählt, dass „Run To You“ schon 20.000 Mal im Radio gespielt wurde. Es fühlt sich total verrückt an. Vor etwas über einem Jahr habe ich für 5€ die Stunde in einem Theater gearbeitet. Jetzt darf ich in ganz Deutschland Konzerte spielen, bin nach London und Los Angeles gereist und habe ein Musikvideo in Seoul gedreht. Ich kann von meiner Musik einigermaßen leben, während ich mir noch vor einigen Monaten nicht mal ein Essen bei KFC leisten konnte.

Wann wurde dir bewusst, dass du plötzlich als Newcomer gehandelt wirst, der in Radiosendungen eingeladen wird und heute auf der größten Bühne spielen darf, in einer Stadt, in der du noch nie aufgetreten bist?

Zuerst kam das Gefühl, als ich in die Top 50-Airplay-Charts eingestiegen bin. Da saß ich mit der großartigen Radiopromoterin von Kontor zusammen, die einer der Gründe ist weshalb ich hier unterschrieben habe, und wir haben gemerkt: Verdammt, da geht was! Vielleicht ist das noch zu früh zu sagen, erstmal möchte ich noch weitere Songs in den Airplay-Charts haben  und dann schauen wir weiter.

In einer TV-Serie des BBC hast du eine Nebenrolle gespielt. Hast du überhaupt noch Zeit zum Schauspielern?

Nein! Schauspielern hat mich verrückt gemacht.

Also war es mehr ein Versuch und du startest keine zweite Karriere?

Vor der Nebenrolle habe ich in einer Indie-Band gespielt und plötzlich das Angebot dafür bekommen. Zu der Zeit hatte ich kein Geld und sie haben mir ein gutes Angebot gemacht. Ich habe es dann ausprobiert aber schnell gemerkt, dass ich es nicht länger machen möchte. Es hätte sich eine Leidenschaft entwickeln können, aber es hat nicht gepasst. Letztendlich war die Musik meine erste Liebe und ich bin froh, zu ihr zurückgefunden zu haben.

Im Gegensatz zu anderen Musikern hast du zuerst die Schule beendet und bist viel gereist, bevor du dich komplett der Musik gewidmet hast. Was war letztlich ausschlaggebend für die Entscheidung?

Ich hatte immer Angst davor einen Job zu machen, den ich hasse. Ich war nie besorgt zu scheitern, aber wollte mit 30 Jahren auf gar keinen Fall in einem Beruf arbeiten, den ich nicht mag. Daher kam der Drang, unbedingt Musik machen zu wollen. Hätte ich den Schritt vor etwas über einem Jahr nicht gewagt, wäre es wohl nie etwas geworden. Deshalb bin ich sehr froh, mich dafür entschieden zu haben.

Hier findet ihr unseren Konzertbericht zum Auftritt von Tom Gregory in unserem Live-Blog sowie viele Fotos in der Galerie.

 


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