Die Regierung regiert Bremen

Die Regierung und Die Botschaft spielten am Freitag ein sich perfekt ergänzendes Konzert in der Etage 3

Bremen. Ständig das gleiche Dilemma. Das Feuilleton echauffiert sich, diskutiert über und deutet das neue Rammstein Video, in der Woche, in der das neue Die Regierung Album „Was“ veröffentlich wurde. Es sollte umgekehrt sein, wär die Welt einfach gerechter. Aber wenn das so wäre, wäre Die Regierung auch nicht in der (immer wieder) schönen Etage 3 des Lagerhauses aufgetreten, sondern wenigstens eine Etage tiefer im Saal. So versammelten sich vornehmlich alle Männer, die bestimmt auch auf einem Paul Weller Konzert anzutreffen wären in dem kuscheligen Raum unterm Dach – so wie ich halt auch.

Zuvor spielte (wie passend) Die Botschaft aus Hamburg (schon wieder passend) im Grunde eine Art Studentenrock und könnte damit als eine Art moderne Version von Die Regierung gelten, nur gestalten sich die, ebenfalls persönlich gehaltenen, universeller, als die von Regierungssänger Tilman Rossmy. Wo Rossmy häufig auf der persönlichen Ebene bleibt, verweben Die Botschaft ihre Texte in einem gesellschaftlichen Kontext. Wer bin ich und unter welchen Bedingungen lebe ich wie und warum, könnten die Kernaussagen der Texte zusammengefasst werden. Im ersten Moment klingt das alles sehr einfach und eingängig. Ist es aber gar nicht. Die häufig einfach gespielte Rhythmusgitarre wird durch eine sanft und gekonnt gepickte Leadgitarre ergänzt, während die Rhythmusfraktion aus Bass und Drums treibend, in manchen Momenten fast elektronisch anmutend, die Lieder tanzbar machen.

In der Umbaupause wird die halbe Bühne zu den Klängen von Tocotronic leer geräumt. Viel Schnickschnack braucht Die Regierung jedenfalls nicht. Und kurz darauf steht ein jugendlich wirkender Tilman Rossmy in Bluejeans und weißem Hemd, inmitten von Stoffhosen und schwarz gekleideten, älteren Männern (so sehen sie aus, so wirken sie), auf der Bühne. Stets sind seine Augen geschlossen, beim Singen sowieso, aber teilweise auch bei den, vermutlich wider seinem Willen, witzigen Ansagen.

Die Musik rumpelt und rockt wie eh und je, klingt sogar besser, weil rauer und stellenweiser improvisierter, als auf den jeweiligen Alben. Los geht es mit einem Klassiker vom Debüt „Supermüll“, gerade in der ersten halben Stunde, kommen Nostalgiker auf ihre Kosten, ehe die Band sich dem neuen und letzten Werk widmet und gen Ende eine wilde Mischung aus Altem und Coverversionen zum Besten geben. Es war schon  immer die Symbiose aus den lakonischen Texten, der Musik und Rossmys Stimme, die Die Regierung so besonders machen. Stil ist wichtiger als musikalisches Können! Zweites kann man lernen, erstes hat man oder eben nicht. Die Regierung hat es.

Knapp zwei Stunden steht die Band auf der Bühne, schwitzt, und spielt und spielt und spielt, will gar nicht aufhören, bis sie kurz davor sind, den Strom abgestellt zu bekommen. Was folgen sind die einzigen beiden Balladen aus dem Opus, u.a. das unsterbliche „Loswerden“. Was soll ich sagen? Loswerden will die Die Regierung sicherlich nicht, im Gegenteil, ich hoffe auf einen golden Herbst für die Band. Gerne demnächst wieder in Bremen, es gibt einiges nachzuholen, immerhin war dies das allererste Konzert von Die Regierung in Bremen überhaupt. Danke dafür.


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