„Die Beginner waren eine starke Prägung“ – OK Kid im Interview

Bevor OK Kid am 21. Oktober auf der Tour zum aktuellen Album „Zwei“ im Schlachthof auftreten, haben wir die Band zum Interview getroffen.

Foto: Jörg Kröger

Bremen. Im April ist das zweite Studioalbum der Gießener Band OK Kid erscheinen. Das Werk trägt passenderweise den Titel „Zwei“ und ist auf Platz sechs der Albumcharts gelandet. Mit der Vorab-Single „Gute Menschen“ inklusive eines starken Musikvideos, sorgten sie bereits vor der Veröffentlichung des Longplayers für Aufsehen. Auf Tour spielen OK Kid am 21. Oktober im Schlachthof. Wir haben mit der Band über versteckte Anspielungen in den Songtexten, ihre Einflüsse und den Monat Februar gesprochen.

Im April ist euer aktuelles Studioalbum „Zwei“ erschienen. Wo seht ihr rückblickend die deutlichsten Unterschiede zum Debütalbum?

Jonas: Das Album „Zwei“ vermittelt vor allem eine sehr klare Haltung. Das war auf dem Debütalbum zum damaligen Zeitpunkt noch nicht der Fall. Wir können immer dann gut schreiben, wenn etwas nah an uns dran ist und unsere Lebensverhältnisse berührt. Wir haben nicht vorher beschlossen, jetzt mehr Haltung zu zeigen oder klarere Songs zu schreiben. Es ist ganz organisch entstanden. Die deutliche Meinung sieht man auch an dem Albumcover mit dem Mittelfinger und dem durchgeschnittenen Zeigefinger. Es geht um Zuneigung und Abneigung. Beim ersten Album ging es um alles Graue, was dazwischen ist.

Ihr seid jetzt seit zehn Jahren als Band zusammen, nach sieben Jahren kam euer Debütalbum.  Nicht alle Bands haben so ein Durchhaltevermögen. Worin seht ihr den entscheidenden Faktor, dass ihr nach so langer Zeit doch den Durchbruch geschafft habt?

Raffael: Es gibt nicht den einen richtigen Faktor, sondern es ist immer in kleinen Schritten größer geworden und hat sich gesteigert. Wir sind keine Band, die mal einen Radiohit hatte und anschließend direkt abgehoben ist. Es hat sich in langer Zeit aufgebaut. Natürlich ist es schön zu sehen, dass es jetzt so eine Größe und so viele Leute erreicht hat. Es ist schön, von seiner Musik leben zu können.

Was könnt ihr jungen Nachwuchsbands raten, die erfolgreich werden möchten?

Jonas: Bei uns war es vor allem eine Kontinuität. Es gibt ja viele Leute, die fangen mit einer Band an, starten verschiedene Nebenprojekte und spielen noch für andere Künstler in Bands. Projekte sollen da schnell aus dem Boden gestampft werden. Wir haben nichts anderes gehabt, keine andere Band, außer OK Kid und davor Jona:S. Wenn man lange dabei bleibt  und erstmal für sich selber gute Songs schreibt und noch gar nicht an Reaktionen denkt, dann ist es ein guter Schritt für Nachwuchsbands.

Moritz: Es ist auch wichtig, dabei zu bleiben. Es gibt immer Momente, an denen man zweifelt, weil es sehr zeitintensiv ist. Wir hatten immer den Antrieb, Musik zu machen. Leute geben häufig zu früh auf und geben einem Projekt nicht die Zeit, die es vielleicht braucht.

Auf eurem Album sind verschiedene Anspielungen, beispielsweise an Tocotronic oder die Beginner zu finden. Haben diese Bands euch besonders beeinflusst?

Jonas: Tocotronic hat uns gerade nicht beeinflusst. Im Song singen wir „Dieser Junge war nicht Tocotronic, digital ist niemals besser als die Chronic“ als Antwort auf den Song „This Boy is Tocotronic“ und das Album „Digital ist besser“. Mit unserem Text möchten wir ausdrücken, dass wir uns davon eher distanziert haben. Der Song ist dazu da, klarzumachen woher wir kommen und wer wir sind.

Raffael: Tocotronic hat uns also nicht beeinflusst, aber die Beginner waren natürlich eine krasse Band unserer Jugend. Wir waren ja jugendlich, im pubertierenden Alter, als „Bambule“ herausgekommen ist. Das war schon eine starke Prägung. Inwiefern man das heute noch in unserer Musik hört, ist schwer zu sagen. Die Beginner waren für uns ein Einstieg in die Deutschrap-Szene Ende der 90er-Jahre.

„Gute Menschen“ ist ein vielschichtiger und politischer Song. Wie ist die Entstehungsgeschichte dazu?

Moritz: Der Song ist eigentlich schon Ende 2014 entstanden. Also noch bevor die Themen „Flüchtlingssituation“ und „Pegida“ ganz groß waren. Obwohl „Pegida“ schon der ausschlaggebende Grund für den Song war. Wir sind keine Band, die sich hinsetzt und sich Themen für einen Song überlegt. Das geschieht alles sehr intuitiv. Daher ist es schwierig zu sagen, wie die Vielschichtigkeit in dem Song entstanden ist. Wir versuchen, Dinge nicht plakativ hinzustellen, sondern mehrere Ebenen in der Musik und den Texten zu finden. Man versteht beim ersten Hören des Songs nicht alles, sondern hat ein längeres Hörerlebnis und kann eine längere Beziehung und Bindung zu dem Song aufbauen. Das ist uns wichtig!

Eure ablehnende Haltung dem Februar gegenüber zieht sich ebenfalls durch eure Veröffentlichungen. Was hasst ihr an dem Monat?

Jonas: Der Anfang von „Februar“ war die EP. Der Monat steht übertragen für die Scheiße, die einem passiert. Irgendwann kommt die Einsicht, dass viel davon auch von uns selber abhängt. Wir sind ja in einer Umgebung, in der man zum Glück noch in Frieden leben kann. Das Thema hat sich bei uns entwickelt. Früher hat man sich über Sachen beklagt und kam nicht heraus aus seiner gewissen Melancholie. Der Song auf dem neuen Album vermittelt eine andere Haltung. Wir haben es doch selbst in der Hand. Gerade Dinge, die schlecht laufen und mit denen wir früher nicht klargekommen sind, machen uns doch als Menschen aus. Es ist quasi die Umkehrung vom Wunsch, den Februar zu vernichten. Auf dem Album ist es eher ein gutes Gefühl, dass der Februar wieder da ist, denn nur deshalb sind wir so, wie wir sind.

Im Herbst geht ihr wieder auf Tour durch Deutschland. Wie bereitet ihr euch darauf vor?

Jonas: In Bremen spielen wir am 21. Oktober im Schlachthof. Unser letztes Konzert dort war vor gut drei Jahren im Lagerhaus. Jetzt spielen wir in einer größeren Location, also ist auch die Show größer. Wir haben mehr Leute dabei und eine größere Produktion. Gerade spielen wir Festivals, davor hatten wir schon eine kleine Tour. Während der Festivalsaison wollen wir die Show noch besser machen, sodass wir für die Tour im Herbst richtig fit sind.

Was verbindet ihr mit Bremen?

Raffael: Die Stadtmusikanten, der Klassiker!

Moritz: Wir waren im Zuge des Albumrelease auch in Bremen auf Promo-Tour, haben Interviews gegeben usw. Da haben wir ein schönes Foto mit den Stadtmusikanten gemacht.

Jonas: Ein Teil meiner Verwandtschaft kommt aus Stuhr. Meine Tante und mein Onkel wohnen dort, daher war ich schon als Kind sehr oft in Bremen.

 


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