Clubhopping in Festivalatmosphäre

Das UpStage-Festival hat zwei Tage lang Konferenzen und Workshops mit Konzerten und Aftershow-Partys kombiniert.

Bremen. Wie sieht die Zukunft der Clubkultur aus? Am Donnerstag und Freitag haben dazu über 100 Teilnehmer aus ganz Deutschland in Panels, Workshops und Konferenzen debattiert. Initiator des ersten UpStage-Festivals war der Clubverstärker, der Verbund von Musikspielstätten in und um Bremen. Nach leidenschaftlichen Diskussionen mit kreativem Output gab es abends insgesamt 18 Konzerte und vier Aftershow-Partys im Lagerhaus, der Lila Eule und dem Römer. Hunderte Bremer nutzen das Angebot an einem, oder sogar an beiden Tagen und konnten mit ihrem Festivalband nach Lust und Laune zwischen den Clubs hin und her springen. Zeit für einen Abstecher in die Kioske und Läden rund um den Sielwall blieb dabei natürlich auch. Wir waren an beiden Tagen für euch im Viertel unterwegs – Jörg (jk) hat Donnerstag und Freitag Fotos geschossen und Laura (lw) und Marcel (mak) haben sich zwischen den Venues treiben lassen.

Auftakt am Donnerstag, den 24. Oktober:

19:30 Uhr: Someday Jacob eröffnen das Festival für uns musikalisch. Die Bremer Band spielt englische Singer-Songwriter-Musik. Legen im Römer sonst eher Techno-DJs auf, regieren heute zunächst die leisen Klänge. Auch, wenn die Besucherzahl noch überschaubar ist, verzaubern sie die Zuhörer mit ihrer melancholischen Musik. (lw)

19:50 Uhr: Schnell rüber in das Kulturzentrum Lagerhaus. Dort spielen gerade Smile & Burn vor gut 30 Zuschauern, liefern aber eine geballte Show für 300 Besucher ab. Findet man auf den früheren Alben der Berliner Punkrocker englische Texte, sind seit diesem Jahr mit ihren Singles „Zubetoniert“ und „Zünde mich an“ auch deutsche Songs im Repertoire. (lw)

20:15 Uhr: Paloma & The Matches passen musikalisch hervorragend in die Lila Eule. Auch für sie ist es ein Heimspiel, bisher ziehen sie sogar die meisten Besucher an. Langsam wird es voll im Kellerclub. (mak)

20:45 Uhr: Bloodhype aus Berlin wirbeln auf der Bühne des Römers. Die kleine Location ist gut besucht. Die Bremer durften die Band bereits als Support von Blackout Problems im Tower erleben. Ihre mal rockige, mal elektronisch angehauchte Indie-Musik kommt gut bei den Besuchern an. Eine schweißgeladene, 45-minütige Show. (lw)

22:35 Uhr: Eigentlich sollte an dieser Stelle die Berliner Rapperin Sookee auf der Bühne den musikalischen Abschluss bilden. Diese musste allerdings krankheitsbedingt absagen, doch ein adäquater Ersatz aus dem Genre wurde schnell gefunden: Neonschwarz vom Hamburger Label Audiolith, das dreiköpfige Rap-Gespann mit DJ Spion Y zerlegt mindestens genauso ebenbürtig das Lagerhaus. Auch hier wird fleißig geschwitzt. Ihre meist politischen Texte und Parolen kommen gut beim Publikum an und so können sich alle darauf einigen, als die Band ein riesiges Banner mit FCK AFD auf die Bühne holt. Die drei wirbeln über die Bühne, fordern mal auf in die Knie zu gehen und mal laut die Texte mitzuschreien – ganz egal, ob schön, Hauptsache laut! (lw)

23:00 Uhr: Die Rap-Arme liegen bei Neonschwarz schnell in der Luft. Der Aufforderung zum Mitsingen kommen die Bremer bedingungslos nach – der Freischnaps tut sein Übriges daran. (mak)

23:30 Uhr: Als das Konzert der Headliner beendet ist, pilgern viele runter in die Lila Eule – bei der Bodzin-Nacht gibt es zwischenzeitlich sogar einen Einlassstopp. Auf der Bühne stehen abwechselnd fünf DJs der Bremer Familie, die den feierwütigen Bremern nachts ordentlich einheizen. Auch die Protagonisten hinter den Turntables haben sichtlich Spaß. Eine gelungene Party und ein perfekter Abschluss des ersten Festivaltages. (mak)

Finale am Freitag, den 25. Oktober:

20:00 Uhr: Wezn betreten die Bühne des Römers. Das Duo spielt gut abgestimmte elektronische Musik zusammen mit brachialen Schlagzeug-Sounds – in einer guten Art und Weise. Diese ungewöhnliche Kombination gepaart mit der klaren, exzentrischen Sing-Stimme von Sängerin Maischa runden ein wirklich neues Konzerterlebnis ab. (lw)

20:15 Uhr: Technisch nahe der Perfektion mit wahnsinnig guten Drums und Kompositionen begeistern Wezn zu Beginn des zweiten Tages im Römer. (mak)

20:30 Uhr: Matt Wilde, Sänger der Band Young Rebel Set steht mit Akustikgitarre auf der Bühne der Lila Eule. Ruhige Singer-Songwriter Musik, die mit charmant verpatzten Einstiegen gepaart daherkommt. Es herrscht eine fast schon familiäre Atmosphäre, die Besucher fühlen sich sichtlich wohl und gut unterhalten. (lw)

21:15 Uhr: Gurr fetzen über die Bühne des Lagerhauses. Die Berliner Band spielt dreckigen, wie guten Garage-Rock. Frontfrau Andreya merkt an, dass sie in Bremen eigentlich immer im Lagerhaus auftreten, sozusagen Heimvorteil für die Mädels. Ihre Show begeistert die zahlreich erschienenen Gäste, das Publikum singt fleißig mit und tanzt bis zuletzt wild und ausgelassen. (lw)

21:30 Uhr: Szenenapplaus und ein großer Moment für einen crowdsurfenden Jungen im Grundschulalter, der beim Konzert von Gurr auf Händen durch den Saal getragen wird und über das ganze Gesicht strahlt. (mak)

21:45 Uhr: Naked Cameo spielen vor kleinem Publikum im Römer. Doch das tut dem Auftritt keinen Abbruch. Mit Elan spielt die Formation um Sänger Lukas Maletzky ihr Set. Die Band aus Österreich macht eindringlichen Synthiepop – unbedingt reinhören! (lw)

23:00 Uhr: Zurück im Lagerhaus bei Razz. Lange hat man nichts mehr von der Indierock-Band aus dem Emsland gehört. Doch Sänger Niklas liefert die Erklärung – es wird aktuell fleißig an neuen Songs geschrieben, man darf also auf baldige Veröffentlichungen gespannt sein. Zwischen die altbekannten Songs wie „Black Feathers“ oder „Youth & Enjoyment“ mischen sich auch neuere Songs. Der erste Eindruck überzeugt. (lw)

23:15 Uhr: Razz spielen ein leidenschaftliches Set mit vier neuen Songs. Ihre Musik ist etwas elektronischer geworden, sie arbeiten noch mehr mit Synthies und haben gleichzeitig einige alte Stücke wie „Black Feathers“ für das Live-Erlebnis optimiert. Besonders das neue Stück „Dust/Skin“ überzeugt sofort beim ersten Hören. Razz haben schon nach zwei Alben so viele Klassiker im Set, dass eine Stunde Spielzeit eigentlich viel zu wenig ist. Platz für „Turning Shadows“ und „Youth & Enjoyment“ bleibt natürlich trotzdem. Zum Ende gibt es noch eine Besonderheit. Als Razz sich vor vielen Jahren als Coverband gegründet haben, war „Where is my mind“ von den Pixies einer der ersten interpretierten Songs. Heute gibt es das Stück zusätzlich aus einem anderen Grund: Sänger Niklas möchte seine neue Akustik-Gitarre unbedingt live ausprobieren. (mak)

23:30 Uhr: Den krönenden Abschluss im Römer bietet die aus Simbabwe stammende Rapperin Awa Khiwe, wobei Awa nicht nur ihr Vorname sondern auch eine Kurzform für „African Woman Arise“ ist. Ein energiegeladener Auftritt erwartet das Publikum. In traditionellem Outfit repräsentiert sie ihre Heimat. Sie sei stolz auf ihre Herkunft, auch, wenn es nicht immer leicht gewesen sei. Sie kommt aus einem der ärmeren Gebiete Simbabwes, aus dem Ghetto, wie sie selbst sagt, wurde mit 15 schwanger und hat viel Gegenwind und Kritik geerntet. Sie hat sich seinerzeit für ihr Kind entschieden, heute sei ihr Sohn stolz auf seine Mutter, weil sie ein „super cool, badass rapper“ sei. Sie motiviert, Dinge zu tun, auch wenn niemand an einen glaubt, denn am Ende erntet man die Lorbeeren. Auch, wenn ihre Songs größtenteils in ihrer Muttersprache Ndebele gerappt werden, kann man die Gefühle verstehen. Vorab gibt die Rapperin einen Einblick auf Englisch, wovon die Songs handeln. Doch allein die Stimmung der Songs vermittelt so viel, dass die sprachliche Barriere kein Problem ist. Am Ende und nach einer heiß ersehnten Zugabe, betont Awa nochmals, dass Liebe das wichtigste sei. Liebe kenne schließlich keine Hautfarbe, kein Geschlecht, kein Alter. Ein gelungener Abschluss des Festivals. (lw)

Das erste UpStage-Festival war zwei Tage lang eine absolute Bereicherung für die Bremer Club- und Kulturszene. Wir wünschen allen Beteiligten spannende Erkenntnisse und Denkanstöße aus den Konferenzen und würden uns über eine zweite Ausgabe des Festivals sehr freuen!

Klickt euch hier durch unsere Bildergalerien von Donnerstag und Freitag.

 


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