Zwischen Aufstand und Krawall: Riot Days

Vergangenen Samstag inszenierte das Pussy Riot Mitglied Mascha Alechina mit dem Pussy Riot Theatre ihr Stück zu ihrem gleichnamigen Buch „Riot Days“.

Pussy Riot Theatre - (c) Max Hartmann

Bremen. Ein eisiger Wind zieht durch das Foyer des Kulturzentrums Schlachthof. Ein Samstag, an dem man lieber zuhause bleibt. Doch bitte nur nicht, wenn man die einmalige Chance bekommt eine russische Widerstandskämpferin live in seiner eigenen Stadt performen zu sehen. Die Geschichte von Pussy Riot, dem Kollektiv, welches sich dem Widerstand Putins verschrieb, kennen viele. Bekannt geworden und zu ihrem Markenzeichen ernannt, die Strick-Sturmhauben, die ihre Gesichter auch bei den Auftritten sowohl schützen sollten als auch die Aufmerksamkeit und den Wiedererkennungswert der Gruppe stärken sollten. Es braucht nicht viel politisches Engagement, um sich an die medienwirksamen Auftritte der Frauen zu erinnern. Noch heute sind sie aktiv, einige untergetaucht, einige trotz Gefangenschaft und Straflager nicht abgeschreckt weiter zu machen.

So auch Mascha Alechina. Sie schrieb nach ihrer Festnahme im Anschluss eines Pussy Riot Auftritts und der darauffolgenden Unterbringung in einem Gefangenenlager unter widrigsten Bedingungen ihr Buch „Riot Days – Tage des Aufstands“. Doch bei der reinen Publikation in ganz Europa blieb es nicht, sie wollte es auf die Bühnen bringen und so gründete sie das Pussy Riot Theatre und fand einen Weg sich noch mehr Gehör zu verschaffen. Was nach einer Theater-Inszenierung klingt, ist schlichtweg die Geschichte der jungen Frau während ihres Daseins von Pussy Riot. Bis heute setzt sie sich für den Widerstand gegen die russischen Führungspositionen und Machthaber ein. Sie erzählt von den Aktivitäten der Gruppe, ihren politisch unmissverständlich und sehr deutlichen Statements vor oder in religiösen oder politisch wichtigen Gebäuden.

Die Inszenierung selbst, so sagt es auch der Regisseur, der vor Beginn kurz die Bühne betritt und das Stück einleitet, lässt sich schwer bis gar nicht in Schubladen packen. Es ist gleichermaßen Musik, Schauspiel, Realität, Politik, Leben. Denn all das, was Mascha erlebt hat, hat sie in dem Buch niedergeschrieben. Sie erzählt von den Gefahren während ihrer Aktivitäten, wie oft sie fliehen mussten, um der Polizei zu entwischen. Und dann trifft es sie doch. Und das gleich mit der vollen Härte des russischen Regimes. Straflager – Gefängnis. Körperliche, sowie psychische Peinigung. Es wird im Detail beschrieben, was ihr widerfahren ist, Gänsehaut legt sich über die Körper der Zuschauer. Denn all bei all der Inszenierung ist es eben auch die wahre Geschichte, keine schlecht erzählte, sondern eine wahre. Immer wieder zuckt man innerlich zusammen, die Grausamkeit übermannt einen. Eine der vielen Bestrafungen lässt sie die Zuschauer am eigenen Leib erfahren, als sie mehrere Wasserflaschen mit voller Wucht in die Gesichter des Publikums schütten lässt. Dieses bleibt erstaunlich ruhig, nimmt den mehrfachen Wasserguss hin, das Publikum versteht. Sie selbst gießt sich ebenfalls zeitgleich Wasser über den Kopf, lässt sie die Strafe (in wesentlich milderer Form) erneut wiederfahren.

Insgesamt erzählt sie ihre Geschichte in einer guten Stunden vor der fast ausverkauften Kesselhalle, überwiegend im konzentrierten, wie geradlinigen Sprechgesang. Das Publikum folgt der Inszenierung aufmerksam. Immer wieder werden Schlagwörter, Bilder oder kurze Szenen auf die hinter ihrem Rücken befindliche Leinwand projiziert. Das ganze Stück ist auf Russisch, die Leinwand zeigt die deutschen Untertitel. Nachdem sie sich verabschiedet hat, kehrt Mascha Alechina noch einmal kurz alleine zurück auf die Bühne. Eine Frau mit starker politischer Botschaft, die doch sehr zerbrechlich und schüchtern auf der großen Bühne wirkt. Sie lässt uns an ihren letzten Projekten teilhaben, zeigt so, dass Pussy Riot immer noch aktiv ist, zuletzt als Protest gegen den russischen Geheimdienst im Dezember 2017. Anschließend verlässt sie unter Applaus die Bühne. Ein ergreifendes wie auch intensives Stück endet somit und die Zuschauer werden nachdenklich in die kalte Nacht entlassen.

 

Fotos: Max Hartmann


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