Ohne Individualität

Philipp Dittberner hat auf seiner Tour am Dienstag ein sehr mittelmäßiges Konzert in Bremen gespielt.

Foto: Marcel Kloth

Bremen. Es ist Dienstagabend im Oktober. Die Straßen und Kneipen des Bremer Viertels sind schon früh am Abend gesäumt mit jungen Menschen. Keine Frage: Es ist wieder O-Woche an der Uni. So wird traditionell die Kneipenszene inspiziert und was gäbe da einen besseren Eindruck als das typische Bremer Flair des Viertels?

Oben im Lagerhaus ist der Altersschnitt etwas höher. Philipp Dittberner zieht nicht junge Menschen an, es sind auch viele ältere Paare zu Gast, die vereinzelt sogar ihre Kinder mitgebracht haben. Nach Familienfest sieht es vor der Bühne aber nicht aus, schließlich gehören die ersten Reihen den vor allem weiblichen Fans des 27-jährigen Singer-Songwriters.

Support gibt es vorab von Ami Warning aus München. Die Sängerin steht mit Akustik-Gitarre auf der Bühne und wird am Cajon begleitet. Mit ihrer souligen, etwas rauen Stimme singt sie ruhige Songs, die das Publikum aufmerksam verfolgt. Die nachdenkliche und melancholische Musik hat einzelne, schnellere Stellen, die aber teilweise sehr vorhersehbar sind.

Für Philipp Dittberner ist es das vierte Konzert in Bremen. Nach Auftritten auf der Breminale im Lagerhaus und im Modernes wurde der Auftritt im Rahmen der aktuellen Tour vom Schlachthof ins kleinere Lagerhaus verlegt. „Wir werden heute gefilmt, ich weiß ja nicht, ob jemand mit einer Person hier ist, mit der er eigentlich nicht hier sein dürfte.“, beginnt er das Konzert humorvoll. Im August erschien sein neues Album „Jede Nacht“, das aber längst nicht an die Erfolge und Chartplatzierungen des zwei Jahre alten Debütalbums anknüpfen konnte. Live bringt er die Songs mit gut harmonierender, vierköpfiger Live-Band auf die Bühne, einer der Musiker ist Revolverhelds Live-Mitglied Chris Rodriguez am Bass.

Das Abend beginnt mit ruhigen Balladen wie „Immer noch da“ oder „Tretboot“. Das Konzert hat zunächst ein durchgehend niedriges Tempo, es ist ein sehr ruhiger Abend. Ist das schön oder langweilig? Den Besuchern gefällt es immerhin. Bei „Das ist dein Leben“ wird sich immerhin etwas bewegt, nur der Chor will noch nicht funktionieren. Auch auf die Frage „Wer hat sich dieses Jahr schon getrennt?“ gibt es fast keine Reaktion. „Bremen, die Stadt der Liebe!“, stellt der 27-jährige daraufhin fest.

Mit „Tote singen lauter“ setzt ein stärkeres Schlagzeug ein, der spezielle Song mit prägendem Keyboard bringt endlich Tempo mit. Der Schwung wird gleich für den großen Hit „Wolke 4“ genutzt – plötzlich singen die Besucher sogar mit. Warmgetanzt geht es weiter mit dem ebenfalls sehr radiotauglichen und austauschbaren „Standby“. Das Zugabe-Cover „So perfekt“ von Casper ist leider ein sehr unangenehmer Fremdschäm-Moment – was wohl der Rapper dazu sagen würde? Und: Wofür spricht es, wenn dieser Mitsing-Teil lauter ist, als bei den eigenen Songs? Zumindest setzt die Band den Song gelungen um. Im abschließenden „In deiner kleinen Welt“ sollen sich die Besucher im Refrain drehen. Das klappt so mittelmäßig. Sinnbildlich für den Abend.

Es ist ein sehr durchschnittliches Konzert mit viel Musik, der es an Individualität und Besonderheit mangelt, um nach einem Hit auch nachhaltig Aufmerksamkeit zu erfahren. Die Verkaufszahlen der aktuellen Songs spiegeln dies wider.

 


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